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September: Themenvielfalt durch herausfordernde Zeiten

Regierung und Opposition überboten sich in den letzten Wochen mit Vorschlägen, um die Folgen der Teuerungen für die Österreicher und Österreicherinnen in den Griff zu bekommen. Die Palette reichte von diversen Preisdeckeln und -bremsen bis hin zur Senkung der Umsatzsteuer oder dem vom Vizekanzler ins Spiel gebrachten „Gas-Abschlag“ auf Richtwertmieten.
Von den Mietervertretern heiß umkämpft wird die mittlerweile dritte inflationsbedingte Anpassung der Kategoriemieten in diesem Jahr.
Ein kürzlich ergangenes Urteil des Verfassungsgerichtshofs bestätigt die unterschiedliche Behandlung von Miete und Pacht aufgrund von Corona.
Als Fixtermin im Herbst steht wieder für alle, die sich über aktuelle Entwicklungen und Neuerungen im Immobilien- und Mietrecht informieren wollen, der 8. Wohn- und Immobilienrechtstag bevor, der am 24.9.2022 als Online-Kongress stattfindet.

Von Deckeln, Bremsen & Rabatten

Zahlreiche Modelle kursierten in den Sommermonaten, mit deren Hilfe die steigenden Kosten für Strom, aber auch für Gas beim Kunden abgefedert werden sollten. Finanzminister Dr. Magnus Brunner warnte vor ökonomischen Nachteilen bzw. Gefahren derartiger Preiseingriffe und sprach sich für die Erarbeitung von Lösungsansätzen auf europäischer Ebene aus. Ein Preisdeckel, der unabhängig von der Höhe des Verbrauchs eingezogen wird, würde wohl kaum einen Energiesparanreiz bewirken und sich auch nicht als sozial treffsicher erweisen. Je nach Ausgestaltung eines solchen Preisdeckels könnte als unerwünschte Folge der in Österreich regulierte Strom ins Ausland abfließen.  

Wenig Erfolg verheißend erwies sich der Vorschlag der SPÖ, die Umsatzsteuer auf bestimmte Lebensmittel zu senken. Abgesehen davon, dass eine solche Maßnahme dem Staat sehr teuer käme, fehlt ihr jeglicher sozialer Ansatz. Einkommensschwache wie einkommensstarke Haushalte würden gleichermaßen profitieren. Staatliche Unterstützungen sollten unter dem Blickwinkel der Treffsicherheit vor allem den einkommensschwachen Haushalten zugutekommen und zwar möglichst ohne überbordenden bürokratischen Aufwand.

Gas-Abschlag: Anreiz für die energetische Umrüstung?

Vizekanzler Kogler sprach sich in den ORF-Sommergesprächen für einen Abschlag zum Richtwert aus, wenn eine Wohnung mit Gas beheizt wird und begründete sein Ansinnen damit, dass sich ein Mieter die Heizquelle nicht aussuchen könne. Dabei handelt es sich um eine ältere Idee der MVÖ, die sogleich – selbst bei laufenden Verträgen – für den Umstieg einen Gas-Abschlag von 25 Prozent auf den Richtwert forderte.

Für einen solchen Umstieg in eine erneuerbare Wärmeversorgung fehlt es derzeit jedoch an Alternativen. Dies betrifft vornehmlich den städtischen Bereich, wo etwa eineBeheizung mittels Pellets an den Möglichkeiten einer vernünftigen Bringung und Lagerung scheitert. Auch der Einsatz von Wärmepumpen ist vielerorts wegen Größe und Lärmemission nicht möglich, weil nicht beliebig viele Wärmepumpen nebeneinander installiert werden können. Die Installation von Wärmepumpen erfordert zudem oft als ersten Schritt eine Kernsanierung. Eine effektive thermische Sanierung eines Gründerzeithauses ist aufgrund gegliederter Fassaden jedoch kaum oder nur mit einem unvertretbaren Kostenaufwand zu bewerkstelligen. Auch Fernwärme ist nicht überall vorhanden und kann nicht in der notwendigen Geschwindigkeit ausgebaut werden. Bekanntlich bedient sich auch die Fernwärme zu einem beträchtlichen Anteil fossiler Brennstoffe wie Gas und sogar Öl. Man wäre zudem auch einem Monopolisten ausgeliefert. In Wien gab es eine Preiserhöhung von 92 Prozent neben den aktuellen Diskussionen über die Wien Energie. Hinzu kommen massive Materialengpässe, ein hochgradiger Mangel an Professionisten, der Anstieg der Baukosten und somit eine ungesicherte Kalkulationsbasis.

In Medienkontakten stellte ich klar, dass die Inflation – die regelmäßig als Gegenargument bemüht wird – nicht nur Mieter, sondern ebenso Vermieter trifft und sich auch ein Vermieter das Heizsystem oft nicht aussuchen kann. Die auf Eigentümer zukommenden Kostenbelastungen müssen sich auch finanzieren lassen.

Diese unbedachten Vorschläge gefährden die langjährigen Vertragsverhältnisse zwischen Mieter und Vermieter. Schließlich würden völlig ungefiltert MieterInnen im ohnehin preisregulierten Mietsegment profitieren.

Mit einem Abschlag zur Miete wird kein Anreiz gesetzt, sondern die Verantwortung der Politik auf Private überwälzt und eine Bestrafung vorgenommen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt. Es sollten daher im Gegenteil all jene, denen ein Umstieg auf erneuerbare Energie möglich ist, mit einem Aufschlag oder einem Mehr an Miete belohnt werden. Das nenne ich Anreiz.

Inflationsanpassung: Sind andere gleicher als gleich?

Vergangenes Jahr wurde bekanntlich die Inflationsanpassung von Richtwert und Kategoriemietzins pandemiebedingt ausgesetzt und auf 2022 verschoben. Davon wollten SPÖ und Mietervertreter ein Jahr später nichts mehr wissen und forderten aufgrund der voranschreitenden Inflation eine weitere Verschiebung in die Zukunft. Dank intensiver Öffentlichkeitsarbeit des ÖHGB wurde die Anpassung schließlich mit 1. April dieses Jahres durchgesetzt.

Auch durch dieses Aussetzen kam es zur Überschreitung der gesetzlich fixierten 5-Prozent-Schwelle bereits mit 1. Juli zu einer weiteren Anpassung der Kategoriebeträge. Eine Anhebung steht noch in diesem Jahr bevor, wogegen die Arbeiterkammer bereits Sturm läuft. Für diese ist eine Deckelung der Inflationsanpassung in Höhe von zwei Prozent mehr als nur „ausreichend und fair“. Diesen Forderungen der Mietervertreter hielt ich in Interviews gegenüber der Presse fest, dass auch der Vermieter die Wertanpassung benötigt, weil er investieren will und im Zusammenhang mit dem Klimawandel auch noch Klimaschutzinvestitionen tätigen soll.

Die Presseberichte darüber sind auf unserer Homepage zu finden: https://www.oehgb.at/presse/medienberichte

Bereits 2021 hatte die SPÖ-geführte Stadt Wien auf die Wertanpassung der Gebühren für Müll, Wasser und Kanal nicht verzichtet und sieht auch dieses Jahr keine Veranlassung dafür. So wie auch das Mietrechtsgesetz bei den Kategoriemietzinsen sieht das Wiener Valorisierungsgesetz eine Anpassung an die Inflation bei Überschreiten eines bestimmten Prozentsatzes vor. Die Argumentation des Wiener Bürgermeisters: Es gehe nicht um Preissteigerungen, sondern um eine Wertanpassung infolge der Inflation, ist mit dem Standpunkt des ÖHGB völlig identisch. Die Einnahmen werden für Investitionen benötigt, insb. im Bereich erneuerbarer Energie. Was für die Stadt Wien gilt, gilt für den privaten Hauseigentümer nicht?

Verfassungsgerichtshof bestätigt unterschiedliche Behandlung von Miete und Pacht im Lockdown

Der Gesetzgeber behandelt die Gefahrtragung bei Miete und Pacht grundsätzlich gleich, lediglich bei außerordentlichen Zufällen wie zum Beispiel die Corona Pandemie sieht § 1105 ABGB bei teilweiser Unbrauchbarkeit des Mietobjektes eine aliquote Reduzierung des Entgelts, bei Pachtobjekten hingegen eine solche nur bei einjährigen Pachtverträgen vor; bei mehrjährigen Pachtverträgen ist eine solche Aliquotierung ausgeschlossen. Ist ein Miet- und Pachtobjekt zur Gänze unbrauchbar, entfällt in beiden Fällen das Entgelt zur Gänze.

In seiner Entscheidung von 30.6.2022 erachtete der VfGH diese unterschiedliche Behandlung im Fall teilweiser Unbrauchbarkeit als sachlich gerechtfertigt. Der Gerichtshof verwies in seiner Begründung auf wesentliche Unterschiede zwischen Miet- und Pachtverträgen, insbesondere bei langjährigen Pachtverträgen könne  in einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgegangen werden, dass sich die Chancen und Risiken beim Wirtschaften mit dem Pachtgegenstand ausgleichen würden.
Im Unterschied zum Mieter soll der Pächter das wirtschaftliche Risiko aus dem Pachtvertrag tragen, weil er bei einer guten Entwicklung des Pachtobjekts auch von erhöhten Erträgen profitieren würde. Der Pächter habe es nach Ansicht des Gerichtshofs in der Hand, durch „Fleiß und Mühe“ die durch die teilweise Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes verursachte Ertragsminderung zu beeinflussen. Dabei handelt es sich um eine für uns positive Entscheidung – auf die Ungerechtigkeit der Nichtförderung von privaten Vermietern in der Covidzeit haben wir ja vielfach hingewiesen.

8. Wiener Immobilien- und Mietrechtstag

Juristen, Ökonomen und Praktiker der Immobilienwirtschaft haben die Möglichkeit, am 24.9.2021 dem 8. Wiener Immobilien- und Mietrechtstag beizuwohnen. Zahlreiche Vorträge, zu denen auch ich wieder als Redner eingeladen worden bin, informieren über Entwicklungen und Neuerungen im Immobilien- und Mietrecht. Die Teilnahme an dieser Onlineveranstaltung ist gratis. Eine Übersicht über das Programm sowie eine Anmeldung können Sie unter www.wimt.at vornehmen.

Österr. Haus- & Grundbesitzerbund, Landesgerichtsstraße 6, A-1010 Wien, Tel. +43 (0)1 505 74 00, Email: office@oehgb.at
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