Die Diskussion um die Mietpreisbremse hat in den letzten Wochen wieder an Fahrt aufgenommen. Grund dafür ist die bevorstehende Valorisierung der Kategoriebeträge, die mit 1. Juli in Kraft treten soll. Aktuell betroffen sind Mietverträge über Wohnungen in einem Altbau, die vor dem 1. März 1994 abgeschlossen wurden. Mietervereinigung, AK, ÖGB u.a. fordern erneut einen Preisstopp und wollen sogar generell alle Mieten von der Inflation entkoppeln.
Innerhalb der Kategorie D steigt die Anpassung von € 1,06 auf € 1,12 und im Fall der höchsten Kategorie A handelt es sich anstelle von € 4,23 um € 4,46 pro Quadratmeter. Bei diesen Kategoriebeträgen handelt es sich um Höchstsätze. Geht man im „schlechtesten“ Fall bei einer 60 m2 Wohnung vom Höchstsatz der Kategorie A aus, so betragen die Mehrkosten pro Monat € 13,80. Auf das ganze Jahr verteilt sind das € 165,60. Der monatliche Mietzins für eine 60 m2-Kategorie A-Wohnung liegt nach Anpassung bei € 267,60.
Altmietverträge betreffen privilegierte Mieter
Von der Valorisierung der Kategoriebeträge sind Mieter betroffen, die einen unbefristeten Vertrag zu privilegierten Bedingungen haben. Hinzukommen extensive Eintrittsrechte, die es ermöglichen, dass bestimmte Personenkreise zu Lebzeiten oder im Todesfall zu fast unveränderten Bedingungen in einen Mietvertrag eintreten können bzw. jedenfalls mit Kategorie A gedeckelt sind. Die strengen Kündigungsbestimmungen stehen einer Beendigung dieser Zwangsdauerschuldverhältnisse zusätzlich im Wege. In kaum einem anderen Land in Europa kann man so günstige Mietbeträge pro Quadratmeter finden, die man für das Wohnen bezahlt.
In den von einem Altmietvertrag betroffenen Wohnungen leben oft Menschen, deren finanzielle Situation keinesfalls prekär ist. Erfasst sind auch Mieter repräsentativer Altbauwohnungen in exquisiter Lage. Die SPÖ kritisiert zwar die Gießkannenförderung der Bundesregierung, ignoriert jedoch, dass ein Aussetzen der Anpassungen jene fördert, die es am wenigsten brauchen. Die Wohnkosten seien zumindest von 2012 bis 2022 sogar weniger gestiegen als die verfügbaren Haushaltseinkommen, so der Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Der Professor für Volkswirtschaftslehre betont, dass er auch keine Indikatoren ausmacht, die das in nächster Zeit ändern sollten.
Mietpreisbremse hat keinen merklichen Einfluss auf die Inflation
Laut Statistik Austria, Mikrozensus 2022, sind von der Valorisierung rund 55.000 Altmietverträge aus dem privaten Mietsektor erfasst. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Valorisierung dieser Verträge auf die Inflation sind demnach marginal. Der Inflationsexperte des WIFO Dr. Josef Baumgartner hatte bereits im März dieses Jahres anhand der Valorisierung der um vieles zahlreicheren Richtwerte (im öffentlichen und privaten Mietsektor) errechnet, dass der Einfluss auf den VPI und die gemessene Inflationsrate gerade einmal 0,1 Prozentpunkte betragen.
Es ist eine Mähr zu behaupten, dass die Wohnungsmieten die Inflation befeuern würden. Die Teuerungen im Warenkorb „Wohnen, Wasser, Energie“ sind in der Periode Jänner 2021 bis Dezember 2022 laut Statistik Austria um 20,9 Prozent gestiegen. Sieht man sich diesen Warenkorb anhand seiner Bestandteile genauer an, ergibt sich folgendes Bild: „Bezahlte Wohnungsmieten“ stiegen in diesem Zeitraum lediglich um 3 Prozent (!), während sich „Wasserversorgung und sonstige Dienstleistungen“ (Wohnung) um 6,9 Prozent, Instandhaltung und Reparatur der Wohnung“ um 25,9 Prozent erhöht haben. „Elektrizität, Gas und andere Brennstoffe“ (Wohnung) stiegen hingegen um 54,1 Prozent.
Die Statistik Austria hatte selbst auf Anfrage des Radiosenders FM4 für einen Beitrag vom 31.5.2023 die Auswirkungen einer Einschränkung der Mietanpassung auf die Inflationsdynamik als minimal bezeichnet.
Quod licet Jovi non licet Bovi
Mietervertreter beklagen, dass es sich bei der Valorisierung der Kategoriebeträge um die vierte Erhöhung seit 15 Monaten handelt. Innerhalb der letzten 15 Jahre, nämlich im Zeitraum 01.07.2008 bis 01.04.2022, wurden sieben Anpassungen, im Schnitt also etwa alle zwei Jahre, vorgenommen. Maßgebend ist das Erreichen eines Schwellwertes von 5 Prozent. Innerhalb dieser fast 15 Jahre ist der Kategoriemietzins der Kategorie D von 0,77 Euro auf 1,06 Euro und für die Kategorie A von 3,08 Euro auf 4,23 Euro gestiegen!
Die Stadt Wien hebt auf Grundlage des Valorisierungsgesetzes die Gebühren bereits bei Erreichen eines Schwellwertes von 3 Prozent an. Die letzten Anpassungen erfolgten mit 1.1.2022 und 1.1.2023. Obwohl die Stadt Wien auf die Erhöhung der Abgaben verzichten könnte, wird dies nicht in Erwägung gezogen. Ebenso wenig verzichtete die Stadt Wien auf die Richtwerterhöhung und wird dies vermutlich auch bei den Kategoriebeträgen in ihrem Mietsektor nicht tun. Unter dem hanebüchenen Vorwand: Das ist Sache des Bundesgesetzgebers.
Bei den gemeinnützigen Genossenschaften ist die Erhöhung der Verwaltungskostenpauschale per 1.4.2023 um 8,55% kommentarlos über die Bühne gegangen.
Mietpreisbremse gefährdet den Gebäudebestand
Befürworter einer „Mietpreisbremse“ verkennen die wirtschaftliche Grundlage der Mietkalkulation. Betrachtet man die für Vermieter relevanten Preiserhöhungen bei Reparaturen, Instandhaltungen, etc. ist die Anpassung des Mietzinses sehr moderat. Steigen doch diese Kosten deutlich höher als der VPI und die Preise für Dienstleistungen für Instandhaltung und Reparatur explodieren geradezu. Ungeachtet der enormen zusätzlichen Investitionen im Zusammenhang mit der Umwelt, – von der Wärmedämmung bis zum Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem – die auf den Gebäudebestand noch zukommen.