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Juni: Im Westen nichts Gutes

Leerstand und dessen Besteuerung lassen nun schon seit Wochen die Wogen in der innenpolitischen Diskussion hochgehen. Anlässlich der Landeshauptleutekonferenz machte sich LH Günther Platter bei seinen Amtskollegen dafür stark, für eine Verschiebung der Kompetenzverteilung zu stimmen. Damit wäre das „Volkswohnungswesen“ alias „Wohnpolitik“ künftig in Länderhand und eben diese könnten nach eigenem Gutdünken Strafen für Leerstand ohne Grenze nach oben normieren. Im Zuge der Diskussion attackierte LH Platter auch den ÖHGB, der darauf mit einem offenen Brief an den Landeshauptmann reagierte und entgegnete, dass eine solche Showpolitik mit der ÖVP als Partei des Mittelstands in eklatantem Widerspruch steht. Lesen Sie diesen Brief:

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Platter!

In einem Artikel der Kronenzeitung vom 27.05.2022 halten Sie die Aussage des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), wonach eine Leerstandabgabe zu einer „Aushöhlung des Mittelstands“ führt, für nicht nachvollziehbar. Gleichzeitig betonen Sie, dass „die Schaffung von Eigentum für die Volkspartei selbstverständlich der Inbegriff von Freiheit und Leistung ist und bleibt“ und Sie bekräftigen in Ihrer Funktion als ÖVP-Politiker, dass Sie „aber nicht jene vertreten, die Eigentum horten und damit spekulieren, sondern sich für jene einsetzen, die sich Eigentum für den eigenen Wohnbedarf schaffen wollen.“

Ihre Erklärung für einen ÖVP Politiker ist erstaunlich. Warum? Im Grunde genommen schreiben Sie vor, was jeder mit seinem Eigentum machen darf und was nicht. Dadurch wird Privateigentum über Gebühr ausgehöhlt und es verbleibt nur mehr dessen Hülle. Anders gesagt: Privater Immobilienbesitz ist kein Staatseigentum, über das Sie verfügen können. Und Sie können es auch nicht beliebig belasten.

Die von Ihnen geforderten Eingriffe in das Eigentumsrecht sind massiv und stehen in einem krassen Widerspruch zu einem jahrzehntelangen gelebten und praktizierten politischen Weltbild über die Funktion des Mittelstandes. Die Folge einer derartigen Abkehr ist, dass Eigentum seiner Bedeutung beraubt und zu einer leeren Worthülse mutieren würde. Menschen werden davor zurückschrecken, Eigentum anschaffen zu wollen und der Mittelstand wird sukzessive schwinden. Dies führt in letzter Konsequenz zu einer Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse nach rechts und links.

Bis heute gibt es keine allgemein gültige und anerkannte Definition von Leerstand. Zudem bedeutet die Erhebung von Leerstand einen enormen bürokratischen und finanziellen Aufwand.

Sollen mit einer Leerstandsteuer ausschließlich jene getroffen werden, die – wie Sie sagen, Eigentum horten und damit spekulieren – müssten so viele Ausnahmen geschaffen werden, um nicht auch jene zu treffen, die plausible Gründe haben, weshalb ihre Wohnung nicht bewohnt ist. Es steht einem privaten Eigentümer aber auch zu, sein Eigentum leer stehen zu lassen.

Wäre es nicht zielführender dort anzusetzen, wo die eigentlichen Fehler liegen? Um tatsächlich treffsicher zu agieren, müsste zuerst der durch Horten von Mietobjekten bestehende Leerstand – im öffentlichen wie im privaten Mietsektor – angegangen werden.

Nachdem Sie bemerkt hatten, dass die von Ihnen befürwortete Steuer in der von Ihnen gewünschten Höhe nicht eingehoben werden kann, haben Sie vorgeschlagen, an der Kompetenzverteilung der österreichischen Bundesverfassung zu drehen. Es gibt gute Gründe, weshalb das Volkswohnungswesen in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes liegt. Und dort soll es auch bleiben. Eine Verfassungsänderung zu verlangen, nur um höhere Steuern einheben zu können, ist nicht nur abzulehnen, sondern widerspricht auch dem Versprechen „keine neuen Steuern“. Mit der Verfassung spielt man nicht.

Österr. Haus- & Grundbesitzerbund, Landesgerichtsstraße 6, A-1010 Wien, Tel. +43 (0)1 505 74 00, Email: office@oehgb.at
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