Mit dem Beschluss des Nationalrates, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, Leerstands-, Freizeitwohnsitz- und Zweitwohnsitzsteuern in beträchtlicher Höhe einzuheben, wird einer eigentumsfeindlichen Entwicklung Tür und Tor geöffnet. Zusätzliche Abgaben schaffen keinen Wohnraum. Diese Besteuerung ohne fundierte Grundlage gefährdet privates Immobilieneigentum, da es in die Eigentumsrechte massiv eingreift.
Auch die populistische Debatte über die Leistbarkeit des Wohnens strotzt vor falschen Behauptungen. Politik muss auf Basis nachvollziehbarer Zahlen und nicht auf populistischen Erzählungen basieren. Nicht nur einseitig, sondern bewusst dramatisiert wird die bisherige öffentliche Diskussion um die Leistbarkeit des Wohnens dargestellt. Eine nüchterne und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Wohnen wäre angesagt.
Leerstandsabgaben: zu Unrecht große Erwartung
Wohnungen stehen nicht ohne Grund leer. Daher erweist sich die voreilig beschlossene Verfassungsänderung, die den Ländern die Kompetenz verleiht, Substanzsteuern in erheblicher Höhe einzuheben, nicht nur als eigentumsfeindlich, sondern auch als praxisfern. Die Gründe für Leerstand sind vielfältig: Renovierung, Umbau, Mietersuche, langwieriges Erbschafts- oder Scheidungsverfahren, nicht gemeldeter Zweit- oder Freizeitwohnsitz, Umzug ins Alters- oder Pflegeheim, berufsbedingte vorübergehende Abwesenheit und vieles mehr.
Viele Wohnungen stehen auch deshalb leer, weil die Menschen aus strukturschwachen Gebieten wegziehen. Eine Vermietung oder ein Verkauf erweist sich in manchen Gemeinden, in denen die Bevölkerung schrumpft, oft als unmöglich. Muss man sein Elternhaus abreißen, wenn man woanders arbeitet und deshalb nicht im Elternhaus wohnen kann? Oder kann man es als Zweitwohnsitz nutzen, ohne dafür gleich eine „Eigentumssteuer“ zahlen zu müssen? Was ist mit Wohnungen, die bereits als Ferienwohnung vermietet sind? Angesichts der vielfältigen Gründe, warum eine Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum leer steht, stellt sich die berechtigte Frage, wie Leerstand seriös ermittelt werden kann.
Dabei hatte vor gar nicht allzu langer Zeit Greenpeace eine Leerstandsquote von 4,7 % errechnet, die, wie in der einschlägigen Fachliteratur nachzulesen, in der üblichen Bandbreite liegt. Dieser natürliche Leerstand, der für den Auszug eines Mieters, für Umbauarbeiten oder eine Sanierung notwendig ist, wird geflissentlich übersehen. Von der Politik völlig ignoriert wird der mieterseitig bedingte Leerstand, den es zu beseitigen gilt. Hierbei müsste den exzessiven Eintrittsrechten endlich ein Ende bereitet werden. Die billige Altbauwohnung soll nicht mehr länger fürs Enkerl aufgehoben oder als Wohnung für Konzertbesuche missbraucht werden dürfen. Dieser hochgezüchtete Missbrauch erstreckt sich auf private wie auch soziale Mietwohnungen und wird von der Politik nicht angesprochen.
Wie der ÖHGB in seiner Medienarbeit betont, beruhen die Argumente der Befürworter der Leerstandsabgabe auf wohnpolitischen Milchmädchenrechnungen. Denn der lenkungspolitische Effekt solcher Steuern ist zu vernachlässigen und wird nicht dazu führen, dass Wohnungssuchende aus Innsbruck das in Allentsteig befindliche Sommerhäuschen als Hauptwohnsitz beziehen werden. Diese Steuern, die Vermögens- und Substanzsteuern sind, treffen nicht die Superreichen, sondern den Mittelstand. Diejenigen, die sich Eigentum mühsam zusammengespart haben – sei es ein kleines Häuschen auf dem Land oder eine bescheidene Ferienwohnung – werden dafür bestraft. Die Umsetzung ist in der Praxis daher kaum möglich.
Ein unbefriedigendes Bild zeigen daher auch die Zahlen aus Salzburg und Innsbruck: In der Festspielstadt haben bei 90.000 Wohnungen 35 Eigentümer Leerstand gemeldet. Die prognostizierten Zahlen lagen bei 3.500 leerstehenden Wohnungen. Auch in der Tourismusgemeinde Saalbach konnten weniger als 20 Personen zur Kasse gebeten werden. Ebenso spärlich waren die Meldungen für Leerstand in Innsbruck. Auch hier hatte die Stadt erhoben, dass in rund 3.500 Wohnungen weder Haupt- noch Nebenwohnsitze gemeldet waren.
Wir erinnern uns, dass selbst das Finanzministerium vor zwei Jahren davor gewarnt hatte, dass eine nicht vorhandene Meldung an einer bestimmten Wohnadresse lediglich eine reine Indizwirkung entfaltet und kein Beweis für Leerstand ist.
Der mittlerweile auch in vielen Gemeinden kritisierte enorme Aufwand und die hohen Kosten, die mit der Erhebung dieser Steuern einhergehen, dürften die anfängliche Euphorie über das lukrative Geschäftsmodell bereits trüben. Nur wenige Gemeinden in Österreich haben eine solche Abgabe tatsächlich eingeführt.
Wohnkosten: Ein Blick auf die Fakten
Während die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen ist, erschweren steigende Baukosten, hohe Zinsen und strenge Kreditvergaberichtlinien den Erwerb von Wohneigentum. Der lahmende Wohnungsneubau trifft die Bauwirtschaft, das Baunebengewerbe und vernichtet Arbeitsplätze. Der Immobilienmarkt befindet sich nicht mehr in Balance. Staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, wie es die Mietpreisbremse im regulierten Segment im vergangenen Jahr und kürzlich die Leerstandsabgabe waren, schaden der natürlichen Marktregulierung.
Dennoch zeigen die Daten von Eurostat und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) sowie Analysen der Agenda Austria, dass die Österreicher im langjährigen Durchschnitt nur 18 Prozent und seit 2022 etwa 19 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aufwenden. Diese konstante Kostenquote über die Jahre positioniert Österreich im europäischen Mittelfeld. Im Vergleich dazu geben deutsche Haushalte rund ein Viertel ihres Einkommens für das Wohnen aus.
Die Diskussionen über die Leistbarkeit des Wohnens werden gerne verzerrt und dramatisiert dargestellt. Die Mietkosten müssen völlig zu Unrecht als Sündenbock für die rasante Inflation herhalten. Politische Maßnahmen sollten auf fundierten Zahlen beruhen und nicht auf populistischen Mythen. Nur so können langfristige und effektive Lösungen entwickelt werden, die tatsächlich jenen zugutekommen, die Unterstützung benötigen.
Bundestag in Graz
Der nächste Bundestag führt uns vom 14. bis zum 16. Juni in die steirische Bundeshauptstadt. Wir sehen einer spannenden Veranstaltung mit fruchtbringenden Diskussionen und interessanten Gesprächen entgegen. In der kommenden Ausgabe von Haus & Eigentum werde ich von den Beschlüssen dieses Bundestages 2024 in Graz sowie den Ergebnissen aus den Arbeitsgruppen berichten.