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Juli: Wege zur Energiewende

Österreichs Abhängigkeit von Gas sowie die aktuellen Engpässe bei der Lieferung lassen sich durch die gestiegenen Energiepreise nicht mehr schönreden. Im Entwurf für ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) sollen die Besitzer von Öl- und Gasheizungen einen Stufenplan zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erfüllen, damit Österreich spätestens 2040 klimaneutral ist. Der ÖHGB hat in seiner Stellungnahme die viel zu knappen Fristen scharf kritisiert und auf die finanzielle und technische Machbarkeit für Eigentümer hingewiesen.

Selbst die grüne Umweltministerin lässt die Reaktivierung von Kohlekraftwerken vorbereiten und rät der Industrie auf Öl umzusteigen. Zudem befürwortete das EU-Parlament die heftig umstrittene Taxonomieverordnung, womit der Einstufung von Atomkraft und Gas als „grüne Investition“ nichts mehr im Wege steht. Klimawandel findet statt und es müssen Maßnahmen dagegen ergriffen werden. Für den privaten Gebäudesektor ist aber zu berücksichtigen, dass die technische, finanzielle und rechtliche Machbarkeit gegeben sind und der Umstieg in eine nicht fossile Zukunft möglichst frei von Zwang und losgelöst von ideologischem Denken zu erfolgen hat.

Wärmebereitstellung in neuen Baulichkeiten
Ab 1.1.2023 dürfen in neu zu errichtenden Baulichkeiten keine Anlagen zur Wärmebereitstellung auf fossiler Basis erfolgen.

Allgemeines Stilllegungsgebot
Im Sinne eines allgemeinen Stilllegungsgebotes muss für die Wärmebereitstellung in bestehenden Gebäuden auf Kohle, Öl und fossiles Flüssiggas bis spätestens 2035 und auf Erdgas bis spätestens 2040 verzichtet werden.

Erneuerbarengebot
Als weitere Maßnahme soll es ein Erneuerbarengebot bei zentralen Anlagen zur Wärmebereitstellung auf fossiler Basis geben: Zentrale Anlagen zur Wärmebereitstellung, die saniert, verbessert oder erneuert werden, müssen nach dem Umbau mit erneuerbaren Energieträgern oder Fernwärme betrieben werden. Diese Regelung gilt bereits ab 1.1.2023.

Altersbedingtes Stilllegungsgebot
Zentrale Anlagen zur Wärmebereitstellung auf Kohle-, Öl- und fossiler Flüssiggasbasis müssen stillgelegt werden, sobald sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, auch wenn sie völlig funktionstüchtig sind. So muss bspw. eine Ölheizung aus dem Jahr 1986 bis spätestens 30.6.2026 stillgelegt sein.

Umstellungsgebot
Eigentümer von Gebäuden, die auf Basis einer dezentralen Öl-, Kohle- und fossilen Flüssiggasheizung beheizt werden, müssen dafür sorgen, dass bis spätestens 2035 eine zentrale erneuerbare Wärmeversorgungsanlage errichtet wird. Die einzelnen Wohnungen müssen innerhalb von fünf Jahren an die zentrale Anlage angeschlossen werden. Diese Verpflichtung gilt auch für dezentrale Heizungen auf Basis von Erdgas („Gasetagenheizungen“) und zwar bis spätestens 2040, allerdings nur, wenn in dem betreffenden Gebiet eine Fernwärme existiert oder eine solche bis 2035 errichtet wird.

Zeitliche und technische Machbarkeit
Mehr als 50 Prozent der Österreicher leben im Eigentum und unterliegen mit ihren Häusern und Wohnungen zu einem beträchtlichen Teil den geplanten Vorhaben. Daneben existieren zahlreiche private Gebäude und Wohnungen, die vermietet werden und ebenfalls von den Umstellungen betroffen sind.

Die Vorgabe seitens der EU-Bürokraten lässt sich in der Praxis in diesem knappen Zeitraum nicht bewältigen. Zu viele Gebäude, die in erneuerbare Energiesysteme wechseln müssen, bedienen sich aktuell fossiler Heizsysteme, zudem mangelt es vielfach an Alternativen, für die es (noch) keine Lösung gibt: Eine effektive thermische Sanierung eines Gründerzeithauses ist aufgrund gegliederter Fassaden kaum zu bewerkstelligen. Der Einbau einer Wärmepumpe in so manchem Bestandsgebäude erfordert eine Kernsanierung, die aufgrund von Kosten und technischem Aufwand in keinerlei Relation zum Wert des Gebäudes stehen mag. Eine Beheizung mittels Pellets scheitert – insbesondere im städtischen Bereich – an den Möglichkeiten einer vernünftigen Bringung und Lagerung. Auch ist der Anschluss an die Fernwärme nicht überall möglich und es wird derzeit zu einem beträchtlichen Teil mit Gas und sogar Öl zugeheizt. Die Fälle für fehlende bzw. akzeptable Alternativen sind Legion. Zwar wird an innovativen Lösungen oder Verbesserungen gearbeitet, doch diese technologischen Entwicklungen sind keinesfalls abgeschlossen, da sie einem laufenden Prozess unterliegen.

Finanzielle Zumutbarkeit
Über viele Jahre wurde der Bevölkerung vermittelt, dass die Anschaffung von Eigentum im Alter ein größeres Maß an (finanzieller) Unabhängigkeit mit sich bringt. Mittlerweile sind Neuerwerb von Wohnungen oder Häusern bereits mit erheblichen finanziellen Verbindlichkeiten verbunden. Werden den Menschen also noch zusätzliche Kostenbelastungen oktroyiert, wird dies wenig Verständnis und Akzeptanz auslösen. Zu bedenken gilt, dass vor kurzem die Bedingungen für die Erlangung eines Kredites verschärft und an gewisse Parameter gebunden wurden, was all jenen, die solche Investitionen finanzieren müssen, erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Will man verhindern, dass Eigentümer zum Verkauf getrieben werden, muss erheblich gegengesteuert werden. Der Schutz des privaten Eigentums muss wieder an Priorität und Wichtigkeit gewinnen, soll das Grundrecht auf Eigentum nicht zu einer leeren Hülle mutieren. Darauf hatte bereits der Staatsvertragskanzler Julius Raab aufmerksam gemacht, als er gesagt hat: „Wo das Eigentum aufhört, hört auch die Freiheit auf.“

Dass sowohl seitens des Bundes als auch der Länder Mittel für Förderungen zur Verfügung gestellt werden, bedeutet nicht, dass diese auch nur annähernd ausreichen werden, um den Umstieg im geforderten Ausmaß durchzuführen. Wie die Erläuternden Bemerkungen ausführen, haben diese lediglich eine „unterstützende Wirkung“ und berücksichtigen nicht die auf Verpflichtete zukommenden Gesamtbelastungen.

Umso wichtiger wäre es, flankierend Möglichkeiten zu schaffen, die darauf abzielen, einem Eigentümer Sicherheit zu verschaffen, indem der Umstieg von staatlicher Seite mitgetragen wird. Dies betrifft einerseits ausreichende Maßnahmen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (z.B. Förderungen), aber gleichermaßen auch Regelungen, mit denen anstelle von zwangsweisen Vorgaben Erleichterungen und Anreize iZm der Bewirtschaftung von Immobilien geschaffen werden. Die Wiedereinführung der steuerfreien Rücklage wäre nur ein Beispiel von vielen.

Das enge Korsett an Regelungen belässt Eigentümern zu wenig Entscheidungsfreiheit, mit der eigenen Immobilie sinn- und verantwortungsvoll vorzugehen, nämlich bspw. erst die thermische Sanierung anzugehen, um dann in einem weiteren Schritt aufgrund des thermisch verbesserten Gebäudezustandes die richtige Dimensionierung der Wärmebereitstellunganlage anzugehen. Oftmals ist es so, dass die Errichtung eines nicht fossilen Wärmeversorgungssystems überhaupt erst durch die Sanierung des Gebäudes technisch realisiert werden kann.

Nach Ansicht des österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes sind zur Erreichung der angestrebten Ziele folgende fünf „F“ entscheidend:

  • Fristen: Die Erreichung von Fristen muss zweifellos angestrebt werden, nicht aber als bedingungsloser Endtermin formuliert werden.
  • Freiwilligkeit: Die zu setzenden Maßnahmen dürfen nicht zwangsweise erfolgen. Stattdessen müssen entsprechend Anreize geschaffen werden.
  • Finanzierbarkeit: Geldmittel müssen ungebunden sein, die Gewährung von Förderungen darf nicht mit Einschränkungen verknüpft werden (so wie das derzeit in der Wohnbauförderung der Fall ist) und es muss auch verstärkt die wirtschaftliche Komponente beim Eigentümer Berücksichtigung finden.
  • Flexibilität: Dem Eigentümer eines Gebäudes muss ein entsprechendes Maß an Entscheidungsfreiheit gewährt werden, die für die Bewirtschaftung seiner Immobilie notwendigen Schritte zu setzen.
  • Fairness: Werden Gebäude thermisch saniert und weitere Maßnahmen im Sinne der Energieeffizienz vom Eigentümer gesetzt, dann muss auch berücksichtigt werden, dass Profiteur dieser Maßnahmen der konkrete Nutzer bzw. die Nutzerin ist. Eine Beteiligung der Mieter an den Kosten der Umstellung ist daher ein Gebot der Fairness.

Wir werden auch weiterhin im Interesse des Eigentums agieren und uns für dessen Schutz einsetzen!

Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Sommer!

Ihr Martin Prunbauer
Präsident

Österr. Haus- & Grundbesitzerbund, Landesgerichtsstraße 6, A-1010 Wien, Tel. +43 (0)1 505 74 00, Email: office@oehgb.at
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