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Februar: Graue Theorie und Green Deal

Die EU-Kommission will in ihrem Entwurf zur Gebäuderichtlinie mit der Begründung von Energiewende und Klimaneutralität die Sanierung von Bestandsgebäuden auf Biegen und Brechen kurzfristig erzwingen. Das käme einem Kahlschlag des heimischen Gebäudebestandes gleich, denn dort, wo derzeit historisch wertvolle Kulturgüter stehen, sollen sich nach den Plänen der EU künftig High Tech Gebäude befinden. Private EigentümerInnen sollen in einem unrealistischen Zeitrahmen mit untauglichen Mitteln und unzureichender Finanzierung zu einer radikalen Sanierungswelle gezwungen werden. Gerade für die mittelständischen Immobilieneigentümer – ob sie vermieten oder selbst nutzen – wird das ein Problem.

Wohngebäude der schlechtesten Effizienzklasse sollen bereits ab dem Jahr 2030 der Effizienzklasse F angehören und bis 2033 müssten alle Wohngebäude der Effizienzklasse E angehören. EU-weit sind 40 Millionen Gebäude betroffen. Werden die Mindesteffizienzanforderungen innerhalb der vorgegebenen Fristen nicht erreicht, dürfen diese Gebäude nicht mehr benutzt werden. Mit dieser enteignungsgleichen Maßnahme verbliebe einem Eigentümer oftmals nur mehr der Verkauf oder der Abriss. Rund 50 Prozent der ÖsterreicherInnen leben im Eigentum und wären betroffen.

Umsetzbarkeit
Der Fokus der Sanierungen soll laut Legislaturvorschlag auf gelistete Bestandsgebäude gerichtet werden, die eine schlechte Energiebilanz aufweisen. Gerade bei diesen Gebäuden ist eine thermische Sanierung oft nicht möglich oder mit einem unzumutbaren technischen und finanziellen Aufwand verbunden, dass eine Sanierung im geforderten Ausmaß nicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Zudem scheitert die Umsetzung an fehlenden Alternativen für einen grünen Umstieg und nicht ausreichenden Kapazitäten.

Dazu einige Beispiele

Eine effektive thermische Sanierung eines Gründerzeithauses ist oft aufgrund der gegliederten Fassaden nicht möglich. Der Einbau einer Wärmepumpe in so manchem Althaus erfordert eine Kernsanierung, die aufgrund von Kosten und technischem Aufwand in keinerlei Relation zum Wert des Gebäudes stehen mag. Investitionen in ein Gasbrennwertgerät als Bestandteil einer hybriden Heizung sind nur dann sinnvoll, wenn langfristig eine Versorgung mit Gas aus erneuerbarer Energie zu erwarten ist. Das steht aber derzeit noch nicht fest. Eine Beheizung mittels Pellets im städtischen Bereich scheitert an den Möglichkeiten einer vernünftigen Bringung und Lagerung. Mangels ausreichender Kapazitäten nicht fossiler Energieträger müsste auch die Fernwärme auf nicht fossile Brennstoffe wie etwa Gas zurückgreifen. Die Umstellung auf erneuerbare, CO 2-freie Energie ist mit den bestehenden Verteilernetzen nicht zu bewerkstelligen. Um CO 2-neutralen Strom zu produzieren, müssten neben den Erzeugungskapazitäten auch die Netze massiv ausgebaut werden. Die derzeitige Baustoffknappheit, der eklatante Facharbeitermangel und der enorme Preisanstieg, deren Ende aktuell nicht absehbar sind, stehen der Umsetzung der Vorgaben der EU-Kommission zusätzlich im Weg.

Bekämpfung von Energiearmut

Neben einem Korsett mit unrealistischen und nichthaltbaren Fristen und Zielen erklärt die Kommission „leistbares Wohnen“ zu einem weiteren Bestandteil ihrer Agenda. Nach deren Überlegungen können mit einer Steigerung der Energieeffizienz die Emissionen gesenkt, die Energiearmut bekämpft, die Anfälligkeit der Menschen gegenüber steigenden Energiepreisen verringert sowie die wirtschaftliche Erholung und die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützt werden.

Grau, teurer Freund, ist alle Theorie: Es erweist sich in einem Land wie Österreich, dessen mietrechtliches Zwangsregime die weltweit strengsten Regulierungen aufweist, als Dilemma. Hohe Sanierungskosten und niedrige Mieten, das passt nicht zusammen.

Der private Eigentümer bleibt auf den Kosten sitzen.  Mietzinserhöhungen bzw. die (Teil-)Finanzierung der Aufwendungen durch den Mieter sind im Entwurf zur EU-Gebäuderichtlinie nicht vorgesehen. So wird der Eigentümer gezwungen, sein Haus oder seine Wohnung zu sanieren, damit sich die Energiekosten für den Mieter oder die Mieterin der Wohnung reduzieren.  

Durch diese Maßnahmen werden gerade kleine und mittlere Eigentümer aus dem Eigentum getrieben. Rund 50 Prozent der ÖsterreicherInnen leben im Eigentum und wären betroffen.

Finanzierung
Dass seitens der EU Geldmittel zur Verfügung gestellt werden, bedeutet nicht, dass diese auch nur annähernd ausreichen werden, um Sanierungen im geforderten Ausmaß durchzuführen.

Auch die Zuhilfenahme von innerstaatlichen Unterstützungen ist noch lange kein Garant dafür, dass die Umgestaltung des Gebäudebestands für private Haus- und Wohnungseigentümer zu finanzieren sein wird. Auf die Gewährung von Förderungen besteht grundsätzlich kein Anspruch und ist deren Auszahlung in der Regel von der Einhaltung verschiedener Auflagen und Bedingungen abhängig, was das Gegenteil von Anreizen darstellt.

Es darf nicht übersehen werden, dass wir uns aktuell noch mitten in einer Pandemie befinden, die seit nunmehr fast zwei Jahren tobt, die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst hat und die staatlichen Budgets belastet.

Private Eigentümer, insbesondere VermieterInnen, sind eine der wenigen Personengruppen in Österreich, die in der Pandemie bisher von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ausgenommen sind, ungeachtet dessen, dass viele private VermieterInnen im Zuge der Lockdowns einen verringerten Mietzins, unter Umständen sogar einen gänzlichen Mietzinsentfall bei gleichzeitiger Bestreitung laufender Kosten verkraften mussten. Fehlende Einnahmen gefährden die Erhaltung der Bausubstanz.

Einnahmen im Rahmen der Vermietung sind aufgrund von Preisregulierungen meist überschaubar und lassen im Gebäudebestand Investitionen nur in engem Rahmen zu. Gleichzeitig enthält auch das österreichische Steuerrecht nur spärliche Anreize, entsprechende Investitionen zu tätigen. Ganz im Gegenteil: Die steuerliche Rechtslage hat sich in den letzten zehn Jahren nachteilig auf die Durchführung von Investitionen ausgewirkt.

Es ist eine Tatsache, dass zu einem beträchtlichen Teil einkommensschwächere Personen – ob nun selbstnutzend oder als Mieter oder Mieterin – in Häusern mit schlechten Energiewerten leben. Genau dort wird der Fokus der Kommission für Zwangssanierungen gelegt.

Resümee
Die Vorgaben aus Brüssel erinnern an das Vorgehen rein ideologiegetriebener Theoretiker mit einem aus dem Elfenbeinturm formulierten Ziel ohne Rücksicht auf Verluste.

Der Legislaturvorschlag der EU-Kommission kommt einem Kahlschlag des heimischen Gebäudebestandes gleich und würde Europa in eine Großbaustelle ohne absehbares Ende verwandeln.

Umweltschutz ist ein wichtiges Thema und eine klimaneutrale Zukunft das erstrebenswerte Ziel. Für die „Brüsseler Architekten“ dieser EU-Gebäuderichtline wäre allerdings richtiges Augenmaß und weniger Ideologie wünschenswert. Wir brauchen dringend mehr Realitätssinn und Planungssicherheit in der Klimadiskussion, denn nur so werden wir effizient und gemeinsam mit der Bevölkerung Klimaschutzmaßnahmen umsetzen können.

Dazu sind meines Erachtens fünf Kriterien entscheidend:

  • Fristen

Die Erreichung von Fristen muss zweifellos angestrebt werden, nicht aber als bedingungsloser Endtermin formuliert werden.

  • Freiwilligkeit

Die zu setzenden Maßnahmen müssen freiwillig erfolgen und dürfen nicht zwangsweise erfolgen. Dazu müssen entsprechend Anreize geschaffen werden.

  • Finanzierbarkeit

Für die Umsetzung der Maßnahmen muss die Finanzierbarkeit gesichert sein. Geldmittel müssen ungebunden sein, die Gewährung von Förderungen darf nicht mit Einschränkungen verknüpft werden, so wie das derzeit in der Wohnbauförderung der Fall ist. Die aktuelle Situation in Deutschland bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zeigt, dass auch Förderungen bei staatlichen Eingriffen zu existentiellen Problemen führen können, wenn diese vorzeitig durch Staat eingestellt werden, weil der Fördertopf leer ist. Feststeht, dass die Vorgaben für die Energiewende mit dem Aufwand in Europa nach Ende des 2. Weltkrieges vergleichbar sind.

  • Flexibilität

Wesentlich für die Setzung von Maßnahmen ist ein gewisses Maß an Flexibilität, die dem Eigentümer eines Gebäudes die Freiheit gewährt, die für die Bewirtschaftung seiner Immobilie notwendig ist. Leerstandssteuern und sonstige Einschränkungen in der Bewirtschaftung sind völlig kontraproduktiv.

  • Fairness

Werden Gebäude thermisch saniert und weitere Maßnahmen im Sinne der Energieeffizienz vom Eigentümer gesetzt, dann muss auch berücksichtigt werden, dass Profiteur dieser Maßnahmen der konkrete Nutzer bzw. die Nutzerin ist.

Österr. Haus- & Grundbesitzerbund, Landesgerichtsstraße 6, A-1010 Wien, Tel. +43 (0)1 505 74 00, Email: office@oehgb.at
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