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Februar 2017: Von Menschen und Mauern

Die Regierung hat sich im Zuge ihres neuen Arbeitsprogramms auf ein neues Wohnpaket geeinigt und erkannt, dass durch Schaffung von weiteren Wohnflächen die hohe Nachfrage reduziert werden kann. Wird nun vermehrt in sozialen Wohnbau investiert, sollte darauf geachtet werden Fehlbelegungen zu beseitigen. Subjektförderung statt Objektförderungen heißt die Devise. Erinnern Sie sich noch als Wiens Vizebürgermeisterin Vassilakou im Herbst 2012 in den Medien ihre Forderung nach fixen Mietobergrenzen von € 7 bekräftigte und damit den Startschuss für einen emotional geladenen Nationalratswahlkampf lieferte? „Leistbares Wohnen“ entwickelte sich seit dieser Zeit zum Dauerthema und mündete zwei Jahre später in einen Entwurf für ein „Universalmietrecht“ der sozialdemokratischen Bautensprecherin Ruth Becher. Mit einer einheitlichen Basismiete von € 5,50 pro Quadratmeter für alle Wohnungen österreichweit ab einer Bestandsdauer von 20 Jahren bezeichnete diese ihr ideologiegetriebenes Vorhaben sogar als das „modernste Mietrecht Europas“.

Ähnlich dann Bundeskanzler Kerns Vorhaben im Jänner dieses Jahres: „Plan A“ enthielt im Abschnitt „Wohnen“ nichts als das altbekannte Klassenkampfgetöse, das von „Mietenbegrenzung durch das Richtwertsystem“ bis „Einschränkung von Befristungsmöglichkeiten“ keinen zusätzlichen Quadratmeter so dringend benötigten Wohnraums möglich gemacht hätte. Die gesamte Immobilienbranche reagierte scharf auf die Ideen des Kanzlers und ließ diesen wissen, dass weitere Restriktionen die Probleme auf dem Wohnungsmarkt keinesfalls lösen.

Um nicht ganz in Vergessenheit zu geraten meldete sich die grüne Vizebürgermeisterin neuerlich zu Wort. Sie startete einen weiteren Vorstoß für ein neues Mietrecht: „Wien ist Hauptleidtragende dieses schlechten Mietrechts.“ Und um noch einmal aufzuwirbeln, unternahm die Grünen-Chefin gleich darauf einen weiteren Versuch politischer Einflussnahme auf das Privatvermögen der Österreicherinnen und Österreicher und forderte die Schaffung von Obergrenzen bei Geschäftsraummieten.

Nur zur Erinnerung: Wien ist jenes Bundesland mit dem im Abstand höchsten Mietanteil im sozialen Wohnbau. Über 60% des gesamten Mietwohnungsbestandes sind Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen. Wenn nun 47 % der oberen Einkommensbezieher (>180% Median) fernab von marktüblichen Bedingungen den sozialen Wohnbau besetzen und 51% der niedrigen Einkommensbezieher (<60% Median) auf den privaten Mietwohnungsmarkt angewiesen sind, wird rasch klar, dass hier eine eklatante Schieflage besteht und ein Klima der Unzufriedenheit für Wohnungssuchende in der ohnedies durch starken Zuzug belasteten Bundeshauptstadt vorherrscht. Hinzu kommt der Umstand, dass Wien hinter dem Burgenland den zweitniedrigsten Richtwert aufweist. Neben diversen Mietzinsschranken behindern unantastbare Altmietverträge, extensive Eintrittsrechte und unkündbare Zwangsdauerschuldverhältnisse eine wirtschaftlich akzeptable Vermietung.

Das neue Wohnpaket der Bundesregierung beruht auf der Erkenntnis, dass zwischen Angebot und Nachfrage ein Missverhältnis besteht. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt dieses auszugleichen, indem zusätzliches Bauland und privates Kapital für den sozialen Wohnbau mobilisiert wird. Drei konkrete Maßnahmen sollen dazu beitragen, qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen: Investitionen in den sozialen Wohnbau im Rahmen prämienbegünstigter Zukunftsvorsorge, Mobilisierung privaten Kapitals durch Investitionsanreize, damit institutionelle Anleger auf Anteile gemeinnütziger Wohnbauträger setzen und Baulandmobilisierung auf Grundstücken der öffentlichen Hand.

Die Erkenntnis der Regierung auf das an manchen Orten unzureichende Wohnungsangebot nicht durch weitere Sanktionen und Beschränkungen zu agieren ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Schaffung von weiteren Wohnflächen eine Notwendigkeit.

Damit allerdings in Zukunft Ungerechtigkeiten einer Zweiklassengesellschaft beseitigt und keinen weiteren Nährboden für Missstimmung und Unzufriedenheit bilden, müssen zusätzlich Regelungen geschaffen werden, die bei Bestandsmieten – im sozialen Wohnbau wie auch im privaten Mietsektor – die Erhöhung auf ein angemessenes Maß ermöglichen. Auch die neu abzuschließenden Mietverträge in künftig zu errichtenden Anlagen der öffentlichen Hand sollen einen angemessenen Mietzins zur Grundlage haben. Jenen Mietern, die weniger verdienen, soll hingegen dort ein – je nach Förderwürdigkeit – gestaffelter Nachlass auf den angemessenen Mietzins gewährt werden. Ein daraus zu erzielender Überschuss könnte zweckgebunden für die Subjektförderung auf dem privaten Markt verwendet werden. Auf diese Weise wird die aktuelle Fehlbelegung im sozialen Wohnbau beseitigt und diejenigen im Wohnen unterstützt, die tatsächlich Bedarf haben.

Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung legt auch ein deutliches Bekenntnis dazu ab, dass nicht ständig auf Kosten der privaten Vermieter agiert werden kann. Dass diese Botschaft noch nicht ganz im Herzen der Sozialdemokratie angekommen ist, zeigt die Kurier-Meldung von AK-Präsident Kaske. Er sehe „starken Ergänzungsbedarf“ und vor allem das Thema „leistbares Wohnen“ sei zu kurz gekommen, um dann wieder die üblichen Forderungen aus der Mottenkiste der Sozialdemokratie hervorzuholen: Mietzinsdeckelung, Zurückdrängen der Befristungsmöglichkeiten, Maklergebühren etc. Nur: Der – nun unter Vizekanzler Mitterlehner ergebnisorientierte – „New Deal“ zwischen SPÖ und ÖVP schaut anders aus.

 

 

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