Kompromiss und Konsens, die beiden herausragenden Merkmale der österreichischen Demokratie, funktionieren seit Jahrzehnten über alle politischen Grenzen hinweg. Die Parteien reden ideologieübergreifend miteinander, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Zu einer Koalition gehören auch unterschiedliche Interessen und Zugeständnisse in inhaltlichen Fragen. Doch das aktuelle Regierungsprogramm im Bereich Wohnen erweist sich summa summarum als einseitig und eigentumsfeindlich. Es enthält unverhältnismäßige Eingriffe zur Bekämpfung der Inflation auf dem Rücken der privaten Vermieter. Der ÖHGB setzt sich entschieden dafür ein, die Rechte der Eigentümer zu wahren.
Valorisierung der Hauptmietzinse
Nur wenige Tage nach der Angelobung der neuen Bundesregierung beschloss der Nationalrat das mittlerweile vierte Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz (4. MILG), welches die für den 1. April 2025 geplante Anpassung der Richtwert- und Kategoriemieten aussetzt.
Bereits im letzten Jahr wurde ohne sachliche Rechtfertigung eine gesetzliche Mietpreisbremse (3. MILG) beschlossen, die bereits einen erheblichen und dauerhaften Realverlust bei der Vermietung mit sich gebracht hätte. Noch bevor dieses Gesetz Wirksamkeit erlangt hat, wurde es durch ein weiteres Gesetz ersetzt – ohne dass im Vorfeld mit den betroffenen Parteien gesprochen oder ein Begutachtungsverfahren durchgeführt wurde.
Ein solcher „Wortbruch“ führt unweigerlich zu einem Verlust an Planungssicherheit. Vermieter müssen laufend in den Gebäudebestand investieren, Kredite bedienen und wirtschaftlich kalkulieren. Ein abrupter Richtungswechsel untergräbt das Vertrauen in die Rechtssicherheit und verstößt gegen den Vertrauensschutz.
Das Regierungsprogramm enthält darüber hinaus weitere Beschränkungen, die bislang aber noch nicht umgesetzt sind:
So etwa soll in den kommenden zwei Jahren die Indexierung von Richtwert- und Kategoriemieten begrenzt werden und ab 2028 ein eigener Spezialindexfür die Wohnraumvermietung – und zwar für alle Wohnmietverhältnisse – geschaffen werden.
Seit dem Jahr 2020 sind die Hauptmietzinse geringer gestiegen als die allgemeine Inflation. Laut Statistik Austria war die allgemeine Preissteigerung um 4,4 % höher als die Steigerung der Hauptmietzinse. Rasant gestiegene Energie- und Betriebskosten (Gebührenerhöhungen für Müll, Kanal und Wasser etc.) sind die eigentlichen Hauptursachen für die Teuerungen beim Wohnen.
Die inflationsbedingte Teuerung hat sich auch in steigenden Löhnen und Gehältern niedergeschlagen, wodurch die Mehrbelastung weitgehend ausgeglichen wurde. Faktum ist, dass die Wohnkostenbelastung in Österreich seit Jahren stabil ist und laut Statistik Austria etwa 19 Prozent des Haushaltseinkommens beträgt.
Mindestbefristungsdauer
Verlängert werden soll auch die Mindestbefristungsdauer auf fünf Jahre. Besonders für kleine und mittlere Vermieter bedeutet dies einen massiven Verlust an Flexibilität – etwa, wenn eine Wohnung für studierende Enkelkinder u.a. benötigt wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass deutlich weniger Wohnungen auf den Markt gelangen.
Mietzinsbildung
Noch besorgniserregender wird die Situation für Eigentümer, wenn – wie im Regierungsübereinkommen (vage) angekündigt – auch der Richterwert „angegriffen“ und neu definiert werden soll. So etwa soll für die Mietzinsbildung die energetische Qualität der Gebäude und Wohnungen in Form eines Bonus-Malus-Systems maßgebend sein. Das Abstellen auf dieses Kriterium kann sich als gefährlich erweisen, weil die meisten Eigentümer nicht die nötigen Geldmittel oder rechtlichen Möglichkeiten haben, um entsprechend zu investieren. Gerade bei Umweltinvestitionen, macht es wenig Sinn, weil man die entsprechenden Maßnahmen zur Isolierung uÄm. nicht nur bei einer Wohnung vornehmen kann, sondern das ganze Haus betroffen ist. Zu bedenken ist vor allem aber, dass die „Belohnung“ von investierenden Eigentümern die Nachfrage nach unrestaurierten, weil günstigeren Wohnungen, erheblich ankurbeln wird.
Eine Ausdehnung der strengen Regulierungen auf Bestandobjekte, die sich derzeit im Teilanwendungsbereich oder gänzlichen Ausnahmebereich des MRG befinden, hätten besonders starke Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, aber auch auf die Bauwirtschaft.
Lagezuschlag
Auch der Lagezuschlag soll einer Überprüfung unterzogen werden.
Auswirkungen
Aber auch für andere Mietverhältnisse gilt: Zunehmende Mietregulierungen und hohe Sanierungskosten machen das Vermieten unattraktiver, weil es sich für Hauseigentümer schlicht nicht mehr rechnet. Der Mietmarkt wird gestört. Mietwohnungen werden etwa durch Parifizierung – aufgrund des hier geschaffenen wirtschaftlichen Drucks und hoher Rechtsunsicherheit – dem Mietmarkt entzogen. Investitionen werden als logische Folge ausbleiben. Die Wirtschaft, insbesondere das Bau- und Baunebengewerbe wird das ebenso treffen wie den derzeit ohnehin schon stark gebeutelten Arbeitsmarkt. Auch der Neubau leidet: Steigende Regulierungen und hohe Errichtungskosten schrecken Investoren ab, die ihr Geld andernorts oder überhaupt anders verwenden, um eine angemessene Verzinsung zu erreichen.
Preisregelungen im Bereich der Vermietung haben negative Reflexwirkung auch auf Wohnungseigentümer und Einfamilienhausbesitzer, die ihr Eigenheim selbst bewohnen. Betroffen wären auch jene nahezu 50 Prozent der Österreicher, die im Eigentum leben, da sich der Verkehrswert einer Immobilie auch durch dessen Ertragswert bestimmt. Es könnten damit auch in weiterer Folge erhebliche Schwierigkeiten bei der Besicherung laufender Kredite entstehen.
Über viele Jahre hinweg hat die Politik den Mittelstand dazu ermutigt, Immobilien zu erwerben, um eine zusätzliche Absicherung für die Pension zu schaffen – sei es durch Mieteinnahmen oder den Vorteil, selbst keine Miete zahlen zu müssen, sondern lediglich die Betriebskosten. Besonders Gewerbetreibende, aber auch andere Immobilieneigentümer, insbesondere im ländlichen Raum, nutzen ihre Ein- und Zweifamilienhäuser als Sicherheiten für Kredite. Sinkende theoretische Erträge verringern jedoch den Wert dieser Besicherungen.
Abschließende Bemerkungen
Sollte das Regierungsprogramm in vollem Umfang realisiert werden, hätte dies weitreichende und problematische Folgen für den Wohnungsmarkt. Die geplanten Maßnahmen greifen massiv in das private Eigentum ein, setzen falsche wirtschaftliche Anreize und verstärken bestehende Probleme, anstatt sie zu lösen.
Die zunehmende Regulierung droht, Investitionen in den Bestand und den Neubau zu bremsen, den Mietmarkt weiter zu verknappen und das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu untergraben. Statt einer gezielten Inflationsbekämpfung werden private Vermieter belastet, während wesentliche Preistreiber wie Energie- und Betriebskosten unberücksichtigt bleiben.
Ein Regierungsübereinkommen fasst die Vorhaben einer neuen Regierung zusammen – es bedeutet jedoch nicht automatisch, dass diese auch genauso umgesetzt werden. Bislang wurde lediglich das 4. MILG beschlossen. Rechtlich betrachtet sind viele Vorhaben des Regierungsprogramms nicht mehr als eine politische Absichtserklärung. Umso wichtiger ist es für uns, eine starke öffentliche Debatte zu führen und uns aktiv in den politischen Diskurs einzubringen.
Der ÖHGB hat in der Vergangenheit bereits erfolgreich für die Interessen der Eigentümer gekämpft: So konnte der Verband die Valorisierung der Hauptmietzinse (Richtwertmieten und Kategoriebeträge), die 2021 coronabedingt ausgesetzt wurde, in den Jahren 2022 und 2023 erfolgreich durchsetzen. Ebenso hat der ÖHGB das ursprünglich geplante Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) heftig kritisiert und bekämpft und konnte den Zwangsumstieg auf erneuerbare Energieträger mit unrealistischen Fristen verhindern. Stattdessen wird auf sinnvolle Förderungen gesetzt, die den Eigentümern zugutekommen.
Der ÖHGB tritt weiterhin mit aller Kraft für die Rechte der Eigentümer ein – Sie unterstützen diese Arbeit durch Ihre Mitgliedschaft und geben uns so die Möglichkeit, auch in Zukunft Ihre Interessen zu vertreten.