Wurde noch im Februar dieses Jahres eine gesetzlich vorgesehene und fällige Valorisierung der Richtwerte nach dem Verbraucherpreisindex für das Jahr 2016 ausgesetzt, um – wie es die Arbeiterkammer salopp formulierte – „den Mietern und Mieterinnen mehr Geld im Börsel zu belassen“, hob die Stadt Wien im Gegenzug zahlreiche Gebühren unter Hinweis auf den Inflationsanstieg kräftig an.
Was Vermietern, die der Vermietung nach dem Richtwert unterliegen per MILG (Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz) untersagt wurde, hindert die Bundeshauptstadt nicht daran, ihre Budgetlöcher zu stopfen und gleich mehrere auch mietzinsrelevante Gebühren wie etwa Wasser, Kanal und Müll unter Berufung auf die im Valorisierungsgesetz enthaltene Ermächtigung zu einer Wertanpassung ab 1. Jänner 2017 zu erhöhen. Es wird gewiss nicht lange dauern, bis als Folge dieser kommunalpolitischen Entscheidung die Medien auf die dadurch gestiegenen Wohnkosten aufspringen und darin wieder ein gefundenes Fressen sehen werden.
Fälle, in denen sich der Bund oder andere Gebietskörperschaften eine Sonderstellung verschaffen, gibt es zuhauf. So hatten sich in der Vergangenheit in Sachen Barrierefreiheit der Bund, aber auch die Stadt Wien auf geschickte Art und Weise bei der Umsetzung des Verbots von mittelbaren Diskriminierungen durch bauliche Barrieren, Fristverlängerungen verschafft. Es mutet seltsam an, dass sich die öffentliche Hand gerade beim Thema „Chancengleichheit“ Vorteile und Privilegien verschafft, die Privaten und Unternehmern in dieser Form nicht zustehen sollen. Und damit werden gerade jene benachteiligt, die zu einem Gutteil für das Steueraufkommen zu sorgen haben, das die öffentliche Hand umverteilt.
Mit dem im Vorjahr beschlossenen Wohnbaupaket sollten durch Einrichtung einer Wohnbauinvestitionsbank Investitionsanreize für eine Mobilisierung der Wirtschaft und ein verstärktes Angebot an Wohnraum geschaffen werden. Die Bestimmungen gelten für gewerbliche und gemeinnützige Wohnbaugesellschaften, nicht hingegen für private Eigentümer. Die ohnehin schon vom steuer- und förderrechtlichen Standpunkt sehr unterschiedliche Ausgangsposition der privaten Immobilienwirtschaft erfährt auf diese Weise noch eine weitere, sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Nicht zuletzt hat die Steuerreform dazu beigetragen, die private Immobilienwirtschaft einer weiteren gravierenden Belastungsprobe zu unterziehen, indem die Anschaffung, die Erhaltung und die Weitergabe von privatem Eigentum noch weitergehenden Einschränkungen unterworfen wurde.
Um die Eigentumsbildung voranzutreiben, ausreichend Anreize für Investitionen zu schaffen, die Wirtschaft zu beleben und letztlich den zunehmenden Schwierigkeiten in der Wohnraumversorgung effektiv zu begegnen, sollten die politisch Verantwortlichen endlich zur Einsicht gelangen, dass dazu Maßnahmen auf allen Ebenen und in einem fairen Zusammenspiel – nicht in Konkurrenz gegeneinander – notwendig sind.
Mit Spannung erwarten wir den Vortrag von Univ. Prof. Dr. Christian Keuschnigg zum Thema „Immobiliensektor: Wirtschaftsimpulse und Steuerpolitik“ aus Anlass des bevorstehenden offenen Bundestages in Wien. Mit Sicherheit gibt es reichlich Gesprächsstoff über die heimische Wohn- und Steuerpolitik bei der im Anschluss stattfindenden Podiumsdiskussion mit den jeweiligen politischen Vertretern. Ich freue mich auf Ihr Kommen!